Mi(ni)ster X, oder: Was ist er? Minister!

Kennen Sie Peter Altmaier? Peter Altmaier ist der, der in seiner Zeit als Kanzleramtsminister mal im Bundestag nicht mitbekommen hat, dass ein nahes Mikrofon offen war, und von dem deshalb unauslöschlich dokumentiert ist, wie er sich beim Bundestags-Vizepräsidenten dessen Plazet für einen Imbiss einholte, während im Plenum die Abstimmung über ein Kosovo-Mandat lief. (O-Ton Altmaier: „25 Minuten? Das heißt, für zwei Würstchen reicht es?“ Daraufhin Hintze: „Kannst auch drei Würstchen essen.“) Der Dialog direkt aus dem Zentrum der Macht ist im Netz hinlänglich dokumentiert und in Bild und Ton abrufbar. Altmaier beließ es schließlich, wie er sich via Twitter klarzustellen beeilte, bei zwei Würstchen – ob aus Mangel an Zeit oder aus Sorge um seine Figur, das ist nicht überliefert.

Früher war Peter Altmaier auch mal Umweltminister. Was ihn aber nicht davon abhielt, seinerzeit freimütig zu bekennen, dass er gern schnell fährt und ein Tempolimit für „auf absehbare Zeit ausdrücklich entbehrlich“ hält. Diese Äußerung ist eines Bundesumweltministers in etwa genauso würdig wie exzessiver Fleischkonsum (Aber hey, es gibt eben Leute, für die sind zwei Würstchen morgens halb zehn im Deutschen Bundestag nicht exzessiv, sondern normal! Was dem Einen sein Knoppers … oder zwei, oder drei).

Neuerdings ist Peter Altmaier ja Wirtschaftsminister. Das bedeutet für ihn praktischerweise, dass er nunmehr die Belange der Umwelt hintanstellen kann, darf, ggf. sogar muss, wenn es sein Amt verlangt. Und so tritt der Herr Altmaier, wie er dieser Tage vorab bekanntgab, beim heutigen ersten Treffen der sogenannten Kohlekommision auf die Bremse, was den Ausstieg aus der unstrittig klimaschädlichen Kohleverstromung betrifft. Ja, ob seiner Statur möchte man sagen, er gibt höchstselbst den Bremsklotz. Nichts Genaues weiß man noch nicht, außer, dass bei der heutigen Premiere der Kohlekommission das Arbeitsklima, nicht zuletzt dank Herrn Altmaier, eher klimaschädlich sein wird. Ihm selbst ist das vermutlich wurscht, womöglich sogar doppelt und dreifach.

Nu wird er seine Gründe haben, der Herr Altmaier, warum er nicht aus der Kohle raus will. Mutmaßlich geht’s ihm um seine Kohle, sprich: um seine Diät. Also die Abgeordnetendiäten, vulgo: Gehalt. Und um die Gründe von Herrn Altmaier soll’s hier auch gar nicht gehen. Er wird schon welche haben, vermutlich sogar gewichtige, vielleicht sogar zwei oder drei.

Vielmehr bringt mich Herr Altmaier zum Staunen darüber, wie universell einsetzbar so ein Minister ist. Heute Minister für die Umwelt. Morgen dagegen. Oder nehmen wir den Herrn Friedrich von der CSU – früher Innenminister, später Landwirtschaftsminister. Affärenbedingt musste er schließlich zurücktreten, was (bitterer Kalauer angesichts seines Ressorts) allseits als Bauernopfer gewertet wurde. Heute ist er, welch Ironie, Bundestags-Vizepräsident. Das heißt, wenn Peter Altmaier, mittlerweile Wirtschaftsminister, mal wieder in einer Abstimmungspause vom kleinen Hunger heimgesucht wird, spricht er die Frage, ob zwei Würstchen oder drei, nunmehr mit dem Kollegen Friedrich ab. So schließt sich der Kreis. Und der Herr Friedrich, der als Landwirtschafts- ja auch Ernährungsminister war, kann Herrn Altmaier dann gleich noch ein paar Tipps zu gesünderen Wurst-Alternativen geben. Vielleicht auch zwei oder drei. Müsste er doch eigentlich drauf haben – vorausgesetzt, er war qualifiziert für sein Amt. Und davon wollen wir doch mal ausgehen, dass ein Minister qualifiziert ist für sein Amt. Wollen wir. Ob wir’s können – ich weiß es nicht.

Zumindest hier und da scheint mir jedenfalls, dass Ministerposten nicht immer gemäß Qualifikation und schon gar nicht gemäß Überzeugung vergeben werden. Ein Umweltverächter wird Umweltminister. Später Wirtschaftsminister, was seinen Neigungen sicher bedeutend näher kommt. Ideal für ihn wäre gewiss der Posten als Ernährungsminister. Aber das macht gerade Julia Klöckner. Die konnte in ihrem Ministerium immerhin schon vorab Erfahrungen sammeln. Als parlamentarische Staatssekretärin, immerhin von 2009 bis 2011, also in einer Zeit, in der noch kaum jemand je von Glyphosat gehört hatte, und in der man Fipronil noch für ein Erkältungsmedikament gehalten hätte. Ein Innenminister wechselt in die Landwirtschaft. Eine Familienministerin wird Arbeits- und später Verteidigungsministerin, mithin Oberbefehlshaber der deutschen Streitkräfte. Allerdings, so sieht es das Grundgesetz vor, nur in Friedenszeiten. Im Kriegsfall geht die Befehls- und Kommandogewalt auf den Bundeskanzler über. Irgendwie beruhigend. Nicht.

Können Sie noch folgen, oder wird Ihnen auch schon schwindlig? Also hier ganz rasch die Conclusio: Etwas Variabilität vorausgesetzt, hat man als Politiker beträchtliche Karrierechancen auf das Amt eines, nennen wir’s mal so, Bundesirgendwasministers, als Minister für alles Mögliche, gleichsam als Mi(ni)ster X, als Variable, als Joker im Wechselbad der Gestühle am Kabinettstisch.

P.S.: Vom korpulenten Herrn Altmaier wird allseits kolportiert, dass er sich ob seiner Leibesfülle gern selbst auf die Schippe nimmt (Lesen Sie bitte schnell weiter, sonst kriegen Sie das Bild nicht mehr aus dem Kopf!). Und wenn er das sogar selbst macht, dann sei mir die eine oder andere dahingehende Anspielung bitte nachgesehen. Keineswegs mag ich Herrn Altmaier in diesem Zusammenhang diskriminieren. Und selbst wenn – ich glaub, es wär ihm wurscht. Vermutlich doppelt. Womöglich gar dreifach.

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