Alter Schwede!

In meinem Kopf führe ich schon lange eine Liste mit der Überschrift „Ungute Sätze“. Angefangen hat es schon vor geraumer Zeit mit „Bevor ich weitermache – haben Sie jemanden, der Sie abholt?“. Wenn Sie das beim Arzt gefragt werden, können Sie davon ausgehen, dass Sie mehr bekommen, als Sie bestellt hatten. Nicht ganz das Äquivalent im Privaten, aber doch in puncto Bedeutungsschwere vergleichbar, ist der Evergreen „Schatz, wir müssen reden.“ Auch wenn Sie das hören, können Sie davon ausgehen, dass ein, sagen wir mal schwerer und potentiell schmerzhafter Eingriff bevorsteht.

Auch schön, oder eben auch nicht, ist beispielsweise „Ich hab’s ihm so oft gesagt.“ oder, eng artverwandt „Er wollte ja nicht hören.“

Der Beispiele sind Legion, und die Liste ließe sich abendfüllend fortsetzen. Will ich aber nicht. Stattdessen möchte ich einen Satz, stellvertretend für all die vielen schönen, oder eben unschönen, hervorheben, der mir heute über die Leber gelaufen ist. Es handelt sich dabei um den, gern mit dem Brustton der Überzeugung, gern auch mit einem Schuss Entrüstung, vorgetragenen Ausspruch „Das kann nicht sein!“ Den bekam ich heut um die Ohren gehauen beim großen nordischen Möbelhaus mit den vier Buchstaben. Worte mit vier Buchstaben sind, fiel mir eben auf, latent negativ konnotiert – beispielsweise FIAT, DSDS, BAMF, ISIS, ADAC oder Trump. (Zugegeben, „Trump“ hat fünf Buchstaben, das ist streng genommen einer zu viel. Aber wenn es um Negatives geht, muss ich Trump immer irgendwie unterbringen, das ist schon beinah zwanghaft bei mir.) Ist dagegen von den eigenen vier Buchstaben die Rede, meint man ja damit bloß leicht verniedlichend den eigenen Popo. Passt – auch wenn es um Ärsche geht, ist der ADAC ja nicht weit. Und Trump. Ich schweife ab.

Auf der Suche nach Bilderrahmen im besagten Möbelhaus beschlich mich nach einigem Stöbern die Befürchtung, dass das Modell, welches ich suchte, aus dem Programm genommen und leicht verändert unter anderem Namen neu aufgelegt worden sein könnte. Besagtes Möbelhaus macht das manchmal – man erinnere sich an die Empörung, als neulich der langjährige Aufbewahrungs-Klassiker Expedit durch den zukünftigen Aufbewahrungs-Klassiker Kallax ersetzt wurde. Klar sind die Außenmaße identisch und die Serien daher kompatibel … aber es ist einfach nicht das Selbe, vong Nostalgie her 😦 Aber, Regal egal, mir ging’s ja um Bilderrahmen, und ich wollte die Frage geklärt haben.

Für gewöhnlich herrscht im besagten Möbelhaus kein Mangel an jungdynamischen hilfsbereiten Mitarbeitern, die in ihren gelb-blauen Leibchen durch die Gänge huschen, Dich duzen und gefühlte Milliarden Produktnamen auswendig kennen, von denen die meisten klingen wie Krankheiten, Medikamente gegen diese Krankheiten oder die Namen von Haustieren. Ich also in die vorangegangene Abteilung, weil diejenige mit den Bilderrahmen aktuell komplett verwaist war. Dort stand dann auch prompt eine nicht ganz junge, nicht ganz dynamische und keinesfalls hilfsbereite Mitarbeiterin, die mir, darauf angesprochen, dass in der Abteilung für Bilderrahmen niemand zur Beratung anwesend sei, kurz und bündig zur Antwort gab: „Das kann nicht sein!“ und, als ob es das besser machen würde, noch betonte „Ich hab da heut schon jemanden gesehen.“

Aha! Oder, wie der Schwede sagt „Åhå“!

Ich mich umgedreht, wieder zurück in die Abteilung für Bilderrahmen, wo, was Wunder, weiterhin kein dienstbarer Geist zum Vorschein kam. Weiter also in die Abteilung für Pflanzen & Co. Wie geschickt, dass der Weg durch besagtes Möbelhaus so schön linear konzipiert ist und man schlicht den Pfeilen folgen muss, um Stück für Stück, Abteilung für Abteilung zu den Kassen gelotst zu werden, auf dass sich unterwegs der Einkaufswagen oder die gelbe Plastiktüte prächtig fülle mit Teelichtern, Toilettenpapiersammlern (für die vier Buchstaben) und allerlei weiterem Tand, den man bis gerade eben noch gar nicht vermisst hatte, jetzt aber unbedingt mitnehmen muss, wo man doch eh schon mal da ist.

Bei den Pflanzen also steht ein jungdynamisch hilfsbereiter Mitarbeiter – hoch motiviert, mir seine komplette Jungdynamik und Hilfsbereitschaft mit voller Wucht unter Beweis zu stellen. Ich beteuere, dass mir durchaus bewusst ist, dass meine Frage nicht in seine Abteilung gehört, ich aber das nach wie vor ungelöste Problem habe, dass bei Bilderrahmen halt gerade kein Bilderrahmen-Beratungspersonal vorhanden ist, und er gibt mir darauf bloß mit einem lässigen, sympathischen Lächeln zurück: „Das kann schon mal sein.“

AHA! Oder, wie der Schwede brüllt „ÅHÅ“!

Hat der Kerl doch mal unverhohlen seine Kollegin der Lüge überführt. Das lob ich mir! Und hernach, ich bring die Geschichte rasch zu Ende, mir auch noch, obschon abteilungsfremd, erklärt, dass der von mir gesuchte Rahmen in der Tat zwischenzeitlich aus dem Programm genommen und durch einen solideren ersetzt worden ist. „Ihr Chef sollte mal drüber nachdenken, Ihre Kollegin von der vorletzten Abteilung aus dem Programm zu nehmen und durch eine solidere zu ersetzen.“, dacht ich noch so, hab’s aber für mich behalten. Man will ja keinen Zwist unter Kollegen säen und keine verbrannte Erde hinterlassen – schon gar nicht in der Abteilung für Pflanzen & Co.

Dass ich eine für einen profanen Bilderrahmen eigentlich völlig unangemessen lange Zeit damit verbracht habe, die Produkthistorie von Fiskbo zu erforschen (So heißt das gute Stück, und, jetzt mal ehrlich, das klingt doch wirklich ein bisschen nach einem Leiden, dass man in der Gegend um seine vier Buchstaben hat!?), sei nur noch am Rande erwähnt, in Verbindung mit einem weiteren Satz, der ebenfalls ganz gewiss einen Platz in der Liste „Ungute Sätze“ verdient, nämlich: „Wenn ich das vorher gewusst hätte.“

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